Nur über eine kapitalgedeckte zusätzliche Vorsorge sei das Pflegerisiko beherrschbar und auch finanzierbar. Gastredner machten deutlich, dass sich die Menschen in Deutschland des Pflegerisikos durchaus bewusst sind und das mit dem Eintritt der Baby-Boomer in die Rente die Zahl der Pflegebedürftigen schnell ansteigen dürfte.
Laue, der nach sechs Jahren ab 1. Juli das Amt des Verbandsvorsitzenden an Ralf Kantak von der Süddeutschen Krankenversicherung weiterreicht, sagte, man habe schon frühzeitig davor gewarnt, dass die Politik beim Thema Pflege in einen Aktionismus verfallen könnte. Diese Sorge sei durch die aktuelle Debatte leider bestätigt worden. "Die Gesundheitspolitiker vieler Parteien überbieten sich geradezu mit neuen Leistungsversprechen – als gäbe es kein Morgen." Dies sei auf den ersten Blick vielleicht populär, man müsse sich aber auch über die Finanzierung im Klaren sein.
Die schon bald überforderte Umlagefinanzierung der Pflegeversicherung dürfe nicht noch mehr ausgeweitet werden, sondern müsse sinnvoll ergänzt werden. "Und zwar durch eine Stärkung der privaten, kapitalgedeckten Vorsorge, gerade für Jüngere, die die Möglichkeit zur Vorsorge haben." Laue zufolge können die Menschen ihr komplettes Pflegerisiko mit relativ kleinen Beiträgen absichern.
Was denn eine solche Zusatzabsicherung kosten würde? Darüber herrscht in der Bevölkerung überhaupt keine genaue Vorstellung, wie Professorin Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, aufgrund jüngste Befragungsergebnisse erläuterte. Hier bestehe noch großer Aufklärungsbedarf. Die privaten Krankenversicherer müssten gegen diese Wissensdefizite vorgehen. Dem Tätigkeitsbericht des PKV-Verbands zufolge stiegen die privaten Pflegezusatzversicherungen im vergangenen Jahr auf 3,66 (2016: 3,45) Millionen an.
Dies entspreche aber gerade einmal 4,5 Prozent der rund 82 Millionen Pflegepflichtversicherungen. Köcher kritisierte, dass der langanhaltende Wirtschaftsaufschwung in Deutschland die Menschen zur Sorglosigkeit verleiten würde. Und bei sprudelnden Steuereinnahmen kämen eben auch Wünsche nach Leistungsausweitungen auf. Gleichwohl seien sich die Menschen - mit zunehmendem Alter – des Pflegerisikos bewusst. 82 Prozent der Befragten hielten Pflegeheime für teuer und 54 Prozent würden mit stark steigenden Pflegekosten rechnen. Derzeit profitiere Deutschland noch von einer demografischen Dividende, erläuterte Manuel Slupina vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Die Baby-Boomer der 60-er Jahre, die zumeist gut ausgebildet seien, stützten derzeit noch den Arbeitsmarkt. Von daher seien auch Haltelinien beim Rentenniveau und der Beitragshöhe bis 2025 wohl auch leicht einzuhalten. Aber je weiter man in die Zukunft schaue, desto klarer werde: Wenn die Baby-Boomer in Rente sind, fehlt es an Arbeitskräften und die Zahl der Pflegebedürftigen wird rapide zunehmen.
PKV will Digitalisierung im Gesundheitssystem vorantreiben
Die Digitalisierung wird nach Überzeugung von Laue auch die deutsche Gesundheitsversorgung in den kommenden Jahren fundamental verändern. "Diese Entwicklung können und müssen wir gestalten – und zwar im Sinne des Patienten", sagte Laue. Mit einem eigenen Fonds sollen jetzt innovative Gründer unterstützt und digitale Gesundheits-Startups aktiv gefördert werden. Dadurch sollten digitale Gesundheits-Anwendungen zum Nutzen der Patienten noch schneller in die Versorgung gelangen.
"Für die Umsetzung unseres Fonds bilden wir eine Partnerschaft mit zwei führenden Unternehmen aus dem Bereich Digital Health", sagte Laue weiter. Die Verhandlungen seien bereits sehr weit gediehen. Das Konzept stehe bereits und sobald die Verträge fertig seien, würden die Details zu dem neuen Fonds veröffentlicht. Über den aktuellen Stand zur Entwicklung technischer Optionen für eine menschenwürdige Pflege berichtete auf dem PKV-Verbandstag eindrucksvoll Dr. Nils Lahmann, stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Geriatrie an der Charité-Universitätsmedizin.
Viele erfolgversprechende Projekte scheiterten aber oft am Geldmangel, zumal der Marktzugang durch die Genehmigungsverfahren schwierig sei. Vorgestellt wurde auf der Jahrestagung "Pepper" – ein sprechender Roboter in der Pflege, der aber nicht in der Pflege selbst, sondern für gute Laune bei den Patienten sorgen soll.