Die Welt ist in einem Prozess der Beschleunigung des jetzt schon rapiden Wandels und Wandelns, fundamentaler, als jemals zuvor. Der aktuelle Modeanglizismus lautet Disruption. Gespeist von Digitalisierung und Innovation wächst die rollende Walze der kreativen Zerstörung in eine Dimension, deren Ausmaß von manchen als Tsunami empfunden wird. Es ist eine Frage der Sichtweise und des Standpunktes, dies als Bedrohung zu begreifen, sich gegen den Wandel zu stellen oder als Chance einer zu surfenden perfekten Welle zu betrachten, mit dem Risiko, bei dem immer höheren Tempo „aus der Kurve zu fliegen“ und unterzugehen. Industrie 4.0 treibt die Unternehmen voran, Insurance 4.0 die Branche. Die Innovationswelle spült immer mehr „disruptive“ Technologien an den Strand der neuen Geschäftsideen. Auch die Adaption in das eigene Unternehmen muss immer früher in Angriff genommen werden. Das ist eine besondere Herausforderung für Industrie- und Rückversicherer und die Branche als Ganzes.
Der Phantasie der Produktmanager sind keine Grenzen gesetzt! Das meint Karsten Eichmann in seinem Beitrag zum Jubiläumsjahr der Versicherungswirtschaft. Er wirft die Frage auf, ob der Trend zu einem immer individuelleren Schutzangebot noch zum Versicherungsgrundgedanken passt, der DNA der Versicherungsvereine (ab S. 14).
Den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit bestätigt Karlheiz Render in den letzten Jahren eine Wiederbelebung. Möglicherweise läuten sie ein „neues Zeitalter des Mutualismus“ ein, wenn sie auf den Innovationszug der neuen Technologien aufspringen (ab S. 42).
Neue Risiken in der globalisierten Welt verlangen nach neuen Produkten. Den Versicherungsmarkt sieht Ina Straub für das Terrorismusrisiko gerüstet. Sachsubstanz- und Betriebsunterbrechungsschäden können gegen das Risiko politischer Gewalt, Streik, Aufstände, Putsch – bis hin zu Krieg und Bürgerkrieg – versichert werden (ab. S. 20).
Die Industrieversicherung trifft besonders dann auf Nachfrage, wenn sie als besondere Form von bedingtem Kapitalinstrument für das Unternehmen gegenüber konventionellem Eigenkapital einen Mehrwert bietet. Davon ist unser Autor Michael Berger überzeugt (ab S. 22).
Mit den Maschinen tanzenden Underwritern gehört für Hartmut Mai die Zukunft, wenn die Versicherer die richtigen Systeme für Data Analytics bereitstellen. Diese High Potentials verstehen, wie man die richtigen Abfrageparameter definiert, die Analyseergebnisse interpretiert und in die Tools der Risikoprüfung einbindet (ab S. 26).
Bodenständige Innovationskultur und eine Standortpolitik, die über Infrastruktur, Lehre, Forschung für das richtige Mikroklima zur Beherrschung des Wandels sorgt, das ist der richtige Magnetismus, der Versicherer anzieht. Zu diesem Resultat kommt unser Korrespondent Alexander Kaspar bei seiner Analyse Bayerns (ab S. 28).
Die Versicherungswirtschaft ist gefordert. War etwas Anderes zu erwarten? Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre
Dirk Solte
solte@vvw.de